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Junger Kulturkanal

LÄUFT

R!SK

Ein Festival für alles Neue und Andere

© Alexandra Gulzarova

Von Penelope Gatidis, Bennet Leitritz, Henrike Wagner, Franka Hennes und Alexandra Gulzarova am veröffentlicht.

Wieviel Risiko würdest du eingehen, wenn eine Chance auf Gewinn besteht?!
Am 10.12. fand das Festival R!SK an der Hochschule für Musik Karlsruhe statt. Im gesamten MUT-Gebäude konnte man Musik von Komponist:innen, Interpret:innen und aus verschiedensten Installationen hören. Die Redakteurinnen und Redakteure des Jungen Kulturkanals waren vor Ort und haben sich umgeschaut:

 

Wie fühlt es sich an, wenn neben deiner Haustür eine Bombe einschlägt? 

Mariia Sytailo und Ruslana Danyliv sind zwei ukrainische Erasmus-Studentinnen, die im Wolfgang Rihm Forum eine Performance für zwei Singstimmen choreografiert haben. Darin verarbeiten sie die Schrecken des russischen Angriffskrieges. 

Schon seit ihrer Kindheit singen die beiden leidenschaftlich. Im Bachelor-Studiengang Gesang an der Nationalen Musikakademie in Kiew lernen die Ruslana und Mariia sich kennen, auch wenn sie bis dahin noch nicht viel miteinander zutun haben. 

Doch zu Beginn des russischen Angriffskrieges müssen die beiden aus ihrer Heimat flüchten. Konzerte, Proben für Sängerinnen und Sänger sind Kiew nicht mehr möglich. Als Erasmus Studentinnen kommen sie dann an die Hochschule für Musik Karlsruhe und ihre Freundschaft intensiviert sich durch die beängstigende Situation und den selben Schicksalsschlag innerhalb kürzester Zeit.  

Jetzt, wo sie hier sind, versuchen sie das beste aus ihrer Situation zu machen: „Wir können was zusammen kreieren und dieses Projekt ist so wichtig. Es ist so wichtig, dass wir auf der Bühne stehen können und ehrlicher zu uns selbst sind“, sagt Ruslana im Interview zu ihrer selbstinszenierten Performance. Deswegen gehen sie volles Risiko beim Festival R!SK ein. 

Ein Beitrag von Alexandra Gulzarova

Wie klingen eigentlich Planeten?

Das All ist still. Absolute still. Denn klar, ohne Luft können sich hier keine Schallwellen ausbreiten.

Aber dennoch müssen die verschiedenen Planeten doch irgendwie klingen - das stellt man sich zumindest mit unserer irdischen Wahrnehmung von Ton und Klängen vor.

George Crumb, ein US amerikanischer Komponist hat in seinem Werk „Macrocosmos IV“ versucht, die Klänge der Planeten oder zumindest die Klänge, die er sich vorstellt, in Musik zu verwandeln. Das einzige Instrument, das er hierfür braucht ist ein Flügel. Dafür aber das ganze Instrument, nicht nur die Tasten. 

Durch klopfen auf die Streben des Flügels, Kratzen über die Saiten oder einem Anschlag, der durch eine Wollmütze gedämmt ist, verwandelt George Crumb den Flügel in ein Raumschiff, das die Zuhörer:innen mit auf fremden, unentdeckten Planeten nimmt.

Beim R!SK Festival an der HfM Karlsruhe wagen sich die Geschwister Anita und Thomas Hoffmann an das Werk von George Crumb.

In einem blau beleuchteten Raum, in dem einzelne Scheinwerfer und Laser wie fremde Planeten wirken, wird das Publikum mit ihnen in eine andere Galaxie gezogen.

Die kosmischen Klänge des Macrocosmos haben für Anita und Thomas aber auch eine ganz irdische Bedeutung, sie sind nämlich Namensgeber ihres Duos, Albireo. Genauer gesagt der Doppelstern Beta Cygni / Albireo, der für die beiden Pianist:innen auch ihre geschwisterliche Nähe verkörpert.

Diese Nähe können die beiden in einer perfekt eingespielten Performance an den Tasten und darüber hinaus zum Ausdruck bringen. To the stars and beyond!

Ein Beitrag von Franka Hennes

Motion Capturing Klangsynthese

Ein Tänzer hört Musik und tanzt dazu. So war es schon immer. Anselm Weber kehrt diese Beziehung um. Die Bewegungen von Gerda Iguchi werden durch Klangsynthese in Musik umgewandelt.

Wie das funktioniert? Mit Motion Capturing.

Bei diesem Verfahren wird mit Infrarotkameras und kleinen Reflektoren die Position der Tänzerin Millimeter genau bestimmt. Wenn Gerda sich bewegt, ändern sich diese Positionswerte ständig. Diese Änderungen überträgt Anselm dann auf vorher programmierte Synthesizer. Jede Bewegung, die Gerda macht, wird so in Töne, Echo, Verstärkungen und mehr umgewandelt.
Der Tanz erzeugt die Musik. Gerda erzählt, wie sie sich dieser besonderen Art der Klangerzeugung genähert hat und wie die Performance entstanden ist. 

Ein Beitrag von Bennet Leitritz

above violet waves

Ein violetter Ozean aus sanften Wellen. Frequenzen, mal grell und laut, mal ruhig wie ein Atem. Das sieht und hört Franz Rieks, wenn er die Augen schließt. Der Kompositionsstudent spricht von einem Geisteszustand, den er jederzeit und überall erreichen kann. Um seine Wahrnehmungen auch anderen Menschen erlebbar zu machen, hat er sie auf Papier gebracht - das Ergebnis ist die Komposition above violet waves. „Das ging ein paar Tage. Also ich habe das Komponieren nicht unterbrochen […] ich hätte auch noch länger bleiben können, aber das war dann schön als ein Stück. Es kommt aus dem Nichts und geht wieder ins Nichts“.

Angefangen hat alles mit einer Begegnung. Auf dem ersten Treffen für das fächerübergreifende Projekt hat Franz die Querflötistin Xinrui Tao kennengelernt. "Xinrui und ich haben uns gesehen und sind direkt aufeinander zugegangen. Es war eine Verbindung da, als sie in den Raum kam. Als dann dieses Organisationstreffen vorbei war, […] haben wir sofort miteinander gesprochen, ob wir zusammen Musik machen wollen“.

Bei dem Konzert steht Xinrui nicht auf der Bühne, sondern spielt von der Empore herab. Die Leinwand hinter der Bühne ist in violettes Licht getaucht und bringt den sonst dunklen Raum zum Leuchten. Franz will dem Publikum eine visuelle und klangliche Erfahrung bieten, wie er sie selbst erlebt hat - mit Frequenzen, die wie aus dem Nichts erklingen.

 

Penelope Gatidis

Eine Sängerin nur hören und nicht sehen?

Die Sängerin Catalina Geyer hat im Zuge des R!SK Festivals der Hochschule für Musik einen besonderen Ort für ihre Vorstellung der Atilla József Fragmente op. 20 des ungarischen Komponisten György Kurtág gewählt. In mystischem Blau erstrahlte das Treppenhaus des Instituts für Musikjournalismus als Konzertbühne auf dem Campus der Hochschule.
Die Idee der Performance war, dass Catalina ganz allein auf der obersten Plattform singt, während das Publikum unten beim Treppenaufgang als Gruppe steht und somit nur ihren Gesang hören, sie aber nicht sehen kann.
Das führte zu einer Win-Win Situation: Der Hall des Treppenhauses verstärkte Catalinas Stimme zu ihrem Vorteil und die Vorstellung der Kurtág Fragmente wurde auch für unerfahrene Hörer:innen neuer Musik zu einem einzigartigen und spannenden Akustikerlebnis.
Um sich aber doch noch gebührend bei ihrem Publikum bedanken zu können, nahm Catalina am Ende doch noch den Weg nach unten – und zwar den kürzesten: über den Fahrstuhl.

 

 

Ein Beitrag von Henrike Wagner

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