Indie Traumwelt
Alice&Dolores im Tempel

© Maria Stockmann
Dunkelheit. Unverputzte Backsteinwände werden nur von dem Licht eines Beamers, der Sterne auf eine Bühne projiziert, erhellt.
Dann ertönen simple Synthesizerklänge. Sie hallen lange nach. Durchdringen einen. Man wird mit genommen auf eine Reise. Weg vom Alltag, in eine Traumwelt. In diese mystische Atmosphäre hinein erklingt ein Glockenspiel. Dann der erste Gitarrenakkord. Alles ist ganz schlicht. Aber man merkt, da steckt mehr dahinter. Die Akkorde steigern sich, werden immer lauter.
Dann ist plötzlich wieder Stille. In die Spannung hinein singt eine Stimme. Sie klingt vorsichtig, aber nicht schwach, eher sentimental. Schlagzeug und Gitarre setzen ein.
Und so beginnt das Konzert von Alice&Dolores.
© Maria Stockmann
Der neue Bassist Fabio
Alice&Dolores ist eine Band aus Karlsruhe. Anders als vom Namen der Band zu erwarten sind es vier Leute und niemand von ihnen heißt Alice oder Dolores. Der Ursprung des Namens ist, — Stand jetzt – noch ein Bandgeheimnis, was sie wohl früher oder später noch lüften wollen.
Statt Alice oder Dolores sind es Marlene, als Sängerin, Nico an der Gitarre, John am Schlagzeug und Fabio am Bass. Die vier sind alle in ihren Zwanzigern, studieren oder machen eine Ausbildung.
Ursprünglich bestand die Band nur aus John, Nico und Marlene. Die drei haben sich mal zufällig bei der Suche nach einem Probenraum getroffen und gemerkt, dass es sowohl menschlich als auch musikalisch total gut passt. Fabio ist erst neu dazugekommen. Er hat ein paar Mal als Bassist ausgeholfen und wurde dann nach einem Konzert im Jubez auf dem Weg in die Kneipe „Phono“ offiziell gefragt.
Würde man die Band in ein Genre pressen wollen, wäre man wohl am ehesten bei Trip Hop oder Indie-Rock. Man merkt aber schnell, dass Alice&Dolores sich eigentlich nicht an irgendwelche Genre-Grenzen hält. Und das ist gut so.
Das Konzert am 5. Mai im Tempel in Karlsruhe ist das erste Jubiläumskonzert der Band. Alice&Dolores hatten nämlich genau vor einem Jahr im Tempel ihren allerersten Auftritt als Band. Das war damals für den Wettbewerb des New Bands Festivals. Ein Contest, der vom Kulturzentrum Jubez in Karlsruhe ausgetragen wird.
Auch abgesehen davon, haben sie in dem einen Jahr viele Konzerte in Karlsruhe und Umgebung gegeben.
Das Jubiläumskonzert ist dadurch sowohl ein Rückblick für die Band, als auch ein Neuanfang. Es ist nämlich das erste Konzert, bei dem wirklich nur sie gespielt haben. Das erste Mal ein ganz eigenes 90 Minuten Set. Das erste Mal alles selbst gestalten und bestimmen, von der Lichtshow, die wirklich beeindruckend gut, auf jeden Schlag genau passt, bis zum Plakat.
Dieses zu eigen Machen merkt man auch beim Konzert. Alles wirkt sehr familiär. Es sind vor allem Freunde und Wegbegleiter der Band da. Man würde sich wahrscheinlich noch ein paar mehr Zuschauer wünschen, aber das kann ja noch werden. Die Leute, die da sind, stehen mit einem Bierchen in der Hand vor der Bühne und wippen zur Musik mit.
© Maria Stockmann
Die Show ist kein perfektionierter Ablauf, sondern eher eine stimmungsvolle Reise, ein Zusammenkommen. Alice&Dolores lassen einen hinter die Kulissen blicken, ohne dabei unprofessionell zu wirken. Vielmehr wirkt es ehrlich. Sie sind keine weltberühmten Stars mit einem großen Team und unendlichem Budget. Sie sind eine kleine Band aus Karlsruhe, die gerade noch am Anfang ihrer Karriere steht. Die Moderationen zwischen den Songs sind spontan und persönlich, technische Probleme, wie eine Gitarre, die kaputtgeht, werden transparent kommuniziert und verlieren damit an Gewicht. Es ist so, als würden einem gute Freunde einfach mal etwas vorspielen.
Trotzdem können sie dem Publikum einiges bieten. Von wirklich rockigen Titeln, wo vor allem der Schlagzeuger John seine Fähigkeiten präsentiert, bis zu langsameren, Gitarren-geprägten Balladen, ist alles dabei. Die Sängerin Marlene beweist dabei die Vielfalt ihrer Stimme. Ob leise und geheimnisvoll oder fast schon schreiend. Dadurch durchlebt man alle Emotionen mit: die Trauer, die Verzweiflung, die Wut. All das, was in den Texten thematisiert wird.
Ich singe selten davon, dass es mir gut geht. Und wenn, dann ist es ironisch.
Alice&Dolores sind ein eingespieltes Team. Auch wenn es eine Leadsängerin gibt, hat man nicht das Gefühl, dass sie dadurch wichtiger ist, oder sich für wichtiger hält. Alle geben sich gegenseitig ihren Raum, um ihre Talente zu zeigen und diese werden auch voneinander gewürdigt. Immer wieder lächeln sich die vier gegenseitig zu, feuern sich an oder nicken anerkennend.
Zum Festhalten des Jubiläums haben sich Alice&Dolores etwas ganz Besonderes überlegt. Sie haben einBuch mitgebracht, in das alle, wie in ein Gästebuch hineinschreiben dürfen und Gedanken, Lob und Kritik loswerden können. Die Band hat erzählt, dass sie sich gleich noch an dem Abend die Botschaften der Fans durchgelesen hat.
Nach anderthalb Stunden ist die Reise mit sphärischen Klängen, Gitarren-Soli, Schlagzeug-Explosionen, Gesangs-Vielfalt und vielen Emotionen vorbei.
Ein gelungenes, erstes, ganz eigenes Konzert für Alice&Dolores.



Marlene