Hereinßpaziert!
Das Auftakt-Festival im neuen Kulturzentrum Karlsruhe-Bulach
© Alexandra Gulzarova
Es fehlt an freien, offenen Kulturräumen in Karlsruhe. In der Nordstadt wurden gerade erst wieder Proberäume für Bands und Musiker:innen abgerissen. Kunst -und Kulturschaffende suchen vergeblich nach Räumen für ihre Arbeiten. Doch für die Karlsruhe Szene gibt es nun einen kleinen Lichtblick für dieses Problem:
Das P8 der Panorama e.V. Ateliers ist in die Schauenburgstraße 5 in Karlsruhe-Bulach umgezogen. Die über 5000m2 große Industriehalle bietet Raum für Proben, Ateliers, Konzerte, Partys und Ausstellungen jeglicher Art. Schweren Herzens musste das Panorama e.V. ihren ehemaligen Projektraum verlassen, dafür haben sie jetzt mehr Platz für neue Kulturprogramme und Projekte.
Mona vom P8 beschreibt, was man alles in der Kulturstätte erleben kann:
Im Zuge dieser „Neueröffnung“ muss natürlich auch gefeiert werden. Dafür haben sich die ehrenamtlichen Vereine die Anstoß e.V.,Panorama e.V. und Nägel mit Köpfen e.V. zusammengesetzt und ein dreitägiges Festival vorbereitet.
Es ist ein bunter Haufen an Menschen, die sich auf dem Gelände versammelt haben. Menschen, aus verschiedenen Subkulturen, die man in der Karlsruher Innenstadt nur sehr selten antrifft.
Und wie es sich eben für ein richtiges Festival gehört, wurden einige Fressbuden und Getränkestände aufgebaut. Gerade mal 2€ kostet eine Mate, die fair(!) produziert wurde.
Preise, die ich das letzte mal vielleicht vor 5 Jahren gesehen habe. Auf dem Gelände sieht man ab und zu die Bands, die gleich performen werden, mit den Bandbetreuer:innen ins Backstage rennen. Die Menschen, die dort arbeiten, arbeiten alle ehrenamtlich und helfen bei jeder Kleinigkeit mit. Vor dem Festival gab es die Möglichkeit sich fürs Mithelfen anzumelden. Da die Vereine weder von der Stadt, noch von sonstigen Förderungsgeldern Unterstützung bekommen, müssen sie kreativ werden. Doch zu ihrem Glück gibt es genug junge Menschen in Karlsruhe und Umgebung, die die Kultur in und außerhalb der Stadt aufblühen lassen wollen und gerne mit anpacken.
© Alexandra Gulzarova
Am Freitag gab es erstmal einen holprigen Start, was für viele Mitarbeitenden ein kleines inneres Chaos verursacht hat: Es fing an zu regnen. Während die ersten Gäste eintrudeln, gibts am Eingang Probleme mit den Festivalbändchen. Das Zelt ist undicht, die Kolleg:innen werden nass und dann fließt auch gleich das erste Bier über die Gästeliste. Mitorganisator Flo und Veranstalter von DieAnstoß gerät ein bisschen ins Wanken. „Stellen wir jetzt schon die Bühne auf? Der erste Act [Sofiko] hat uns abgesagt. Die Leute haben doch bestimmt kein Bock im Regen zu stehen und Musik zu hören oder was meint ihr?“
Er schaut in fragende Gesichter.
„Na, haben wir noch ein Sonnensegel oder so, was wir aufbauen könnten, jetzt? Schnell?“
Flo macht sich los, um seinen Kollegen Malte zu fragen. Nach einiger Zeit steht die halb-improvisierte Bühne mit Überdachung gegen den Regen. Die Leute sind noch etwas schüchtern, einerseits, weil es nicht so schön ist ohne passende Kleidung im Regen zu tanzen und andererseits, weil noch zu wenig Menschen da sind.
Doch das ändert sich schon bald. Das wahrscheinlich größte und überraschendste Highlight war die Bonner Rapperin DieP. Die einzige Künstlerin aus dem Bereich HipHop am Wochenende.
Nach Salomea, eine Jazz und RnB Künstlerin aus Stuttgart, gibt es eine kleine Pause. Zum Durchatmen, Durchlüften und Umbauen. Draußen sitzt DieP mit ihrem DJ und raucht einen Joint, quatscht mit den Leuten, die neben ihr sitzen, reißt Witze. 22:00 Uhr beginnt das Konzert auf der Bühne im Innenbereich.
DieP kommt aus dem BoomBap. Klassische Hip-Hop Beats treffen auf die raue, aber klare Stimme der Rapperin. Als ihr Album „3,14“ 2021 rauskommt, schreibt Musikexpress Autor Thomas Winkler: „Deutscher Street-Rap geht auch intelligent“. Klassisches Bass-Gewummer mit 90er Kopfnicker-Sound. DieP holt die Menschen ab und beweist, dass in ihrer „Hood53“ auch was zu sehen gibt.
Das ist das Besondere an ihr. Sie bringt wieder alte Traditionen des Hip-Hops zurück: Rap als Nachrichtenportal des Ghettos.
Und das kommt mit ihrer Ausstrahlung bei dem Publikum unfassbar gut an. Die Menschen nicken mit, schreien die Hook vom Song „Ein Schritt“: „Ein Schritt nach vorn, aber zwei Schritte zurück!“ hört man bis nach Draußen schallen.
Zwischen den Songs macht DieP immer ein paar Ansagen und erzählt aus ihrem Leben. „Ich bin so glücklich, dass ich hier auf der Bühne stehen darf. Und es macht mir viel mehr Spaß vor so einer Crowd wie euch zu spielen als auf riesigen Bühnen, wo mich nur die Hälfte kennt. Danke, dass ihr meine Musik feiert.“ Tosender Applaus von den Leuten. Man merkt, dass das aus einer tiefen Leidenschaft kommt und überhaupt nicht selbstverständlich für die Rapperin ist, als eine schwarze Frau aus Bonn, auf einer Bühne stehen zu dürfen und das Publikum mit ihrer eigenen Musik zu bespielen.
Nach knapp 2 Stunden tropft der Schweiß von den Decken runter, der Saal ist mittlerweile komplett voll - bis DieP sich bei der Crowd bedankt und das Licht ausgeht.