Feuer in den Augen
Violinist Sergey Khachatryan im Interview
© Marco Borggreve
Sergey Khachatryan, international erfolgreicher Violinist und Professor an der Hochschule für Musik Karlsruhe, stand vor ein paar Tagen noch im Ausland auf der Bühne. Am Wochenende gibt er Unterricht. Ein nahbarer und freundlicher Mann; ruhig, aber bestimmt. Khachatryan hat eine genaue Vorstellung davon, wie jeder einzelne Ton klingen soll. Schon als Kind feierte er internationale Erfolge, kennt das Konzertleben in- und auswendig.
Wir haben über Lampenfieber, Ehrgeiz und seine Professur an der Hochschule für Musik Karlsruhe gesprochen.
Hast du Lampenfieber und wenn ja, wie gehst du damit um?
Viele versuchen, die Nervosität irgendwie wegzubekommen. Das ist ein bisschen der falsche Ansatz. Ich glaube, man muss einfach damit leben, es vielleicht irgendwo auch als einen Freund betrachten.
Es ist auch interessant bei mir selbst zu beobachten, dass, je älter ich werde, mein Lampenfieber zunimmt. Das liegt an der Erwartung an mich selbst. Ob das dann alles so funktioniert, was ich mein ganzes Leben lang geübt habe.
Befolgst du eine bestimmte Routine vor Konzerten?
Nein, eigentlich nicht. Meistens gibt es an dem Tag eine Generalprobe. Danach gehe ich alles noch einmal durch, aber ansonsten versuche ich nicht zu viel zu spielen.
Oft lege ich mich auch ein bisschen hin, damit Körper und Psyche zur Ruhe kommen.
Wie erarbeitest du dir ein neues Werk?
Ich befasse mich zuerst mit dem Komponisten und seiner musikalischen Sprache. Darauf baue ich dann auf. Natürlich kannst du dir Interpretationen von anderen Künstler*innen anhören, aber letztendlich musst du deine eigenen Ideen zu dem Stück entwickeln. Die Schwierigkeit liegt darin, sowohl in der Musik zu sein, als auch sie von außen betrachten zu können.
Du hast an der Hochschule für Musik Karlsruhe Geige studiert und bist jetzt dort als Professor tätig. Wie fühlt es sich an, auf der anderen Seite zu stehen?
Das ist eine andere Welt. Ich habe natürlich eine emotionale Verbindung zu Karlsruhe wegen meines Studiums, wegen meines Lehrers, dem ich eigentlich alles zu verdanken habe. Professor Rissin hat mich als Geiger geformt. Mein Vater natürlich auch. Als Pianist hat er mir eine ganz andere Perspektive auf die Musik gezeigt. Deswegen ist es umso schöner, das, was man bekommen hat, auch an die Studierenden weitergeben zu können.
Welchen Kernaspekt möchtest du deinen Studierenden unbedingt vermitteln?
Dass man üben soll! (lacht)
Ich finde, dass wir heutzutage in Europa einen Mangel an Ehrgeiz haben. Um wirklich etwas zu erreichen, muss man seine Grenzen pushen. Und ich rede jetzt überhaupt nicht von einer Karriere, sondern davon, ein Profi in seinem Beruf zu sein.
Du brauchst, wie man es in Armenien immer sagt, “Feuer in deinen Augen”. Das ist zum Beispiel eine der Sachen, die ich weitergeben möchte.
Überhaupt bin ich der Meinung, dass man die heutige Jugend mehr fordern sollte.
Hier könnt ihr eine längere Fassung des Interviews anhören:
© Marco Borggreve
"Vervollständige den Satz" - mit Sergey Khachatryan
Außer Klassik höre ich auch gerne Jazz, armenische Musik, Volksmusik, und Hip Hop.
Wenn ich nicht Geige spielen würde, dann wäre ich Rennfahrer geworden.
Am liebsten würde ich mal mit Nietzsche, Schostakowitsch oder Beethoven einen Kaffee trinken gehen.
Mein Lieblingsort in Karlsruhe ist die Hochschule.
Die beste Zeit zum Üben ist früh am Morgen oder nachts.