Fantastisch ohne Vier
Thomas D & The KBCS im Tollhaus
© Liv-Berit Heinz
Thomas D ist Mitglied einer der erfolgreichsten Bands Deutschlands, hat zahlreiche Preise gewonnen, mit den „Fantastischen Vier“ eine ausverkaufte Stadiontournee hinter sich und lebt auf einem Bio-Bauernhof in der Vulkaneifel. Was will dieser Mann also noch mehr? Die Antwort: Einen neuen Sound für sein Solo-Programm.
Seit 2019 arbeitet Thomas D mit der Hamburger Instrumental-Jazz Band „The KBCS“ zusammen. Durch Zufall entdeckte er deren Debütalbum und war direkt begeistert vom spacigen 1970er-Jahre Vintage-Sound. So begeistert, dass er die vier Musiker kurzerhand in sein „MARS“-Aufnahmestudio in der Eifel einlud. Das Ergebnis war das erste gemeinsame Album „M.A.R.S Sessions“, in dem alte Songs von Thomas D und den „Fantastischen Vier“ einen groovigen neuen Anstrich bekamen. 2024 folgte dann das zweite gemeinsame Album „M.A.R.S Sessions 2“ – und eine Deutschlandtournee. Nach einem Stopp beim Düsseldorfer „Lovebird Festival“ machte die Gruppe jetzt Halt beim „Zeltival“ im Tollhaus Karlsruhe.
© Liv-Berit Heinz
Sommerfestival "Zeltival" im Tollhaus Karlsruhe
„Es wird Regen geben“. Thematisch passend zum kommenden Musik-Act zeigt sich das Karlsruher Wetter beim Sommerfestival „Zeltival“ von der eher schlechten Seite. Regentropfen prasseln auf die Liegestühle und Zeltdächer im liebevoll eingerichteten Innenhof des Tollhauses. Obwohl der grau bewölkte Himmel nur wenige Sonnenstrahlen durchdringen lässt, scheint das schlechte Wetter vielen Besuchern gar nichts auszumachen. Schon mehrere Stunden vor Konzertbeginn tummeln sie sich um Essens- und Getränkestände und erkunden das Zeltival-Gelände. Dazwischen auch ein bekanntes Gesicht. Thomas D höchstpersönlich. Denn was viele vielleicht nicht wussten: Er liebt kleine Bühnen und Interaktionen mit dem Publikum.
Tollhaus-Leiter Sebastian Bau erklärt:
© Jakob Roth
Thomas D und Lars Coelln (Gitarre) auf der Tollhaus Bühne
Um 20 Uhr, eine halbe Stunde vor Konzertbeginn, wird es dann langsam ernst. Thomas D ist wieder im Backstagebereich verschwunden und vor der Bühne sammeln sich schon die ersten, besonders begeisterten Besucher. Schließlich wird das Licht gedimmt und die Halle hat sich bis zu 650 Zuschauern aufgefüllt – viele mit „Fantastische Vier“-T-Shirts. Auf die Bühne kommen nun aber nicht die altbekannten Vier, sondern die vier Jungs der „KBCS“: Lars Coelln, Daniel Stritzke, Nicolas Börger und Lucas Kochbeck. Trotz „Fanta Vier“-Merchandise scheint das Publikum auch glücklich über diese anderen Vier und es gibt großen Applaus. Schließlich kommt auch Thomas D, mit Konfetti-Kanone in der Hand, auf die Bühne und es gibt noch größeren Applaus.
Mit dem Song „Show“ eröffnen die Musiker dann endlich den Abend. Besonders die Zeile „Lehnt euch zurück und genießt die Show“ holt das Publikum direkt ab und es wird motiviert mitgesungen. So entspannt wie vor dem Konzert wirkt Thomas D auch jetzt auf der Bühne. Unter den bunten Scheinwerfern tanzt er lässig umher und groovt in einer kurzen Solo-Jam-Session der „KBCS“ fröhlich mit.
Lehnt euch zurück und genießt die Show
Danach geht es nahtlos über in „An Alle“, einen Song von „Son Goku“, einem seiner älteren Projekte. Auch die restliche Setlist hangelt sich an Meilensteinen der Thomas D-Diskografie entlang. „Neophyta“ oder „Fluss“ aus seinem Solowerk und „Fantastische Vier“-Klassiker wie „Es wird Regen geben“, „Millionen Legionen“ oder „Krieger“ begeistern das Publikum. Sprechgesang trifft in einem Mix aus HipHop, Rock und Jazz auf Drums, satte Basslines, spacige Keyboard-Sounds und präzise Gitarren-Riffs. Das Ganze fühlt sich eher an wie eine große Jamsession, statt einem durchgeplanten Konzert. Thomas D kommentiert die Songs oft humorvoll und ein besonderes Highlight bildet auch die Konfetti-Kanone, die er dann aber, „damit es nicht das letzte Thomas D Konzert wird“, lieber doch nicht auslöst.
Obwohl viele Zuschauer im Publikum textsicher sind, ist es kein Konzert zum Mitschreien und Mittanzen – eher zum entspannten, fast nachdenklichen Mitgrooven.
Sebastian Bau über die Zuschauer beim Konzert:
© Jakob Roth
Lucas Kochbeck (Schlagzeug) und Daniel Stritzke (E-Bass) von "The KBCS"
Wir alle beten für diesen Planeten
Trotz relaxtem Auftreten von Thomas D haben es seine Texte ganz schön in sich – oft mit tiefgründigen Messages und persönlichen Anliegen. So etwa beim Song „Gebet an den Planet“. Mit Zeilen wie „Es tut mir leid Tier, denn sie mögen dich so sehr“ oder „Ihr erinnert euch (nicht), du sollst nicht töten“ hebt er sein eigenes ökologisches Bewusstsein hervor. Klimaschutz und Tierwohl liegen dem Musiker besonders am Herzen. Auf seinem Bio-Hof hat Thomas D Solarzellen auf dem Dach, fährt einen Hybriden, kauft nur Bio und Fairtrade ein und ernährt sich vegetarisch. „Wir alle beten für diesen Planeten“ singt er jetzt auf der Bühne und bekommt aus dem Publikum bestätigendes Nicken.
Obwohl Thomas D voll im Mittelpunkt steht, gibt er auch seiner musikalischen Unterstützung Zeit, das Publikum für sich zu gewinnen. In einer etwa 10-minütigen Solo-Session der „KBCS“ geht er sogar von der Bühne und lässt die Zuschauer allein mit filigranen E-Gitarren-Riffs, funky Synthesizer-Sounds und einer fast psychedelisch-hypnotischen Atmosphäre.
Nach knappen eineinhalb Stunden sind Thomas D & The KBCS noch nicht weniger motiviert, aber besonders Thomas D vom Tanzen und Singen mittlerweile ziemlich außer Atem. Trotzdem kommentiert er: „Schon vorbei? Dankeschön Karlsruhe!“. Als Zugaben kommen noch „Liebesbrief“ und „Rückenwind“, beides Songs aus Thomas D’s Soloprogramm – und dann ist es auch wirklich schon vorbei. Zurück bleibt zwar die Enttäuschung der nicht ausgelösten Konfetti-Kanone, doch sonst nur der Eindruck einer durchweg harmonischen Gruppe, deren Musikstile sich perfekt ergänzen – und auch ohne die üblichen Vier ist es absolut fantastisch.
© Liv-Berit Heinz
650 Zuschauer vor der Bühne im Tollhaus