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Junger Kulturkanal

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Einmal Arie, bitte!

"opera on tap" in der Hemingway Lounge

© Philipp Reise

Von Kristin Härtel am veröffentlicht.

Drei Karlsruher Musikstudent:innen geben letztes Konzert vor der Sommerpause. Abwechslungsreiches Programm von Mozart bis Puccini.

Wo sonst meistens Jazz, Swing oder Popmusik erklingt, warten die rund 45 Besucher:innen an diesem Sommerabend auf klassische Musik. Ein Programmheft gibt es nicht, dafür aber warme Speisen, Snacks und Getränke. Lachen, angeregte Gespräche und das Klappern von Geschirr erfüllen den Raum, bis ein Donnern alle zusammenzucken lässt. Eine Besucherin kommentiert: „Die müssen jetzt gleich dagegen ansingen.“ Das Gewitter zieht weiter, die Stimmung wird wieder lockerer. Ein paar Minuten später betreten die Sopranistin Yukari Fukui und die Pianistin Yuan Ma die Bühne. Mit Mozart beweisen die beiden: ein Gewitter hätten sie locker bezwungen.

Danach heißt Anneliese Almasan ihre Gäste herzlich willkommen. Sie freut sich, dass auch zum letzten Konzert vor der Sommerpause so viele Menschen in der Hemingway Lounge erschienen sind – und das trotz Fußball-Europameisterschaft. Bereits seit 2016 besteht die Veranstaltungsreihe „opera on tap – Opernarien frisch gezapft“, deren Betreuung Almasan ein Jahr später übernommen hat. Die Idee zu dem Format stammt von dem Vereinsvorsitzenden Ullrich Eidenmüller, erklärt sie.

Der Unterschied zu den anderen Städten: In Karlsruhe treten Studierende der örtlichen Musikhochschule auf, die Konzerte sollen als Sprungbrett für die Karriere dienen. So auch für den Tenor Xing Liu, der seit 2021 seinen Master im Fach Gesang macht. Mit der Arie „Dies Bildnis ist bezaubernd schön“ präsentiert er sich als schockverliebter Tamino aus Mozarts Zauberflöte.

© Kristin Härtel

Ins Gebet vertieft: Xing Liu schlüpft in die Rolle des Rienzi.

Bei seinem nächsten Auftritt steht er mit ernster Miene im hinteren Teil des Raumes. Yuan Ma leitet vorne am Flügel ein neues Stück ein. Die Leute recken ihre Köpfe trotzdem nach Xing Liu. Alle Augen sind auf ihn gerichtet. Was kommt als nächstes? Der Sänger bekreuzigt sich, die Hände faltet er zum Gebet. Andächtig schreitet er zwischen den Tischen hindurch, an der Bar vorbei, nach vorne. „Allmächt’ger Vater, blick herab!“ fleht er. Er spielt Rienzi, einen päpstlichen Notar aus Wagners gleichnamiger Oper. Der ganze Raum wird zu seiner Bühne – anders als in einer traditionellen Opernaufführung. Mit Mimik und Gestik demonstriert Liu eindrucksvoll, wie es sich in Rienzis Haut anfühlen muss. Die volle Stimme ist wie für die große Opernbühne geschaffen, passt aber auch in die vergleichsweise gemütliche Hemingway Lounge. Liu zeigt außerdem: mit Sprachen kennt er sich aus, er singt an dem Abend auf Deutsch, Italienisch und Französisch.

© Kristin Härtel

Auf dem emotionalen Höhepunkt: Yukari Fukui als Linda di Chamounix.

Yukari Fukui absolviert seit 2021 ihr Solistenexamen im Fach Operngesang. Dass sie ein Profi ist, beweist sie in der Rolle der Musetta aus Puccinis „La Bohème“ oder als Linda aus Donizettis „Linda di Chamounix“. Mit ihrer Mimik lässt Fukui die Charaktere lebendig werden. Sie spart nicht an Vibrato und meistert schwierige hohe Stellen ohne Probleme. Und sie gewinnt das Publikum für sich, indem sie ihre Stücke kurz anmoderiert oder den Text vorträgt, damit alle thematisch mitkommen.

Stundenlang stillsitzen muss das Publikum an diesem Abend nicht. Das Konzert ist in mehrere Abschnitte unterteilt, auf zwei bis drei Stücke folgt jeweils eine Pause. Ein guter Zeitpunkt, um neues Essen zu bestellen, oder bereits vorhandenes zu essen. Zwar darf auch während der Gesangparts gegessen und getrunken werden, die Zuhörer:innen sind aber meist zu gebannt, um etwas zu sich zu nehmen. Yukari Fukui fordert deshalb zwischendrin dazu auf, etwas während ihres nächsten Stücks zu trinken. Schließlich dauert die Arie „Großmächtige Prinzessin“ aus Richard Strauss’ „Ariadne auf Naxos“ um die zwölf Minuten.

Die Reihe „opera on tap“ findet mehrmals im Jahr statt. Inzwischen kommen sogar Stammgäste. Die Musiker:innen wechseln dafür jedes Mal. Auch das Programm sieht bei jedem Konzert anders aus. Vorgaben von Seiten der Hemingway Lounge gibt es nicht, erklärt Anneliese Almasan. Die Studierenden stellen ihre Stücke selbst zusammen. An diesem Abend ist von Guiseppe Verdi bis Carl Maria von Weber einiges mit dabei.

Für ihr musikalisches Können belohnen die Zuhörer:innen Yukari Fukui, Xing Liu und Yuan Ma mit anhaltendem Applaus. Es folgt eine Zugabe auf Japanisch. Dieses Mal ist es keine Opernarie, die Yukari Fukui singt, es ist das japanische Volkslied „Hatsukoi“, übersetzt „Erste Liebe“. Mit zarter Stimme entlässt die Sopranistin das Publikum in den Sommerabend. Das geht glücklich und beschwingt, die Musik noch im Ohr, nach Hause. Auch Anneliese Almasan von der Hemingway Lounge ist zufrieden mit dieser Ausgabe der „opera on tap“.

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