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Atomare Rhythmen

Das Crosscurrents Trio im Tollhaus

© Franka Hennes

Von Franka Hennes am veröffentlicht.

Es ist Mittwoch der 06. Juni und ich stehe vor dem Tollhaus in Karlsruhe. In zwei Stunden findet hier ein Konzert des Crosscurents Trio statt.

Obwohl ich zwei Stunden vor Konzertbeginn hier bin, stehen schon ziemlich viele Leute vor der Tür und warten auf den Einlass. Das überrascht mich ein wenig, bei allen Konzerten, auf denen ich bisher gewesen bin, hätte es sich nicht gelohnt, so früh da zu sein.

Als ich aber in den Garten des Tollhauses komme, sehe ich, wieso alle extra früh da sind. In der sanften Abendsonne strahlt hier ein Biergarten, wie es ihn in Karlsruhe so nicht gibt. Auf Liegestühlen im Sand, Sitzsäcken auf der Wiese oder einfachen Biergarten Möbeln sitzen hier die Besucher:innen des Konzerts und lassen den Abend einklingen. Ein Hauch von Urlaub liegt in der Luft und das mitten unter der Woche in Karlsruhe.

© Franka Hennes

Der Garten des Tollhauses

Ich gehe hier etwas wehmütig vorbei und zwänge mich durch die Zeltwand, die den Konzertraum vom Biergarten abtrennt. Hier treffe ich gleich den Saxophonisten Chris Potter. Er bildet zusammen mit dem Bassisten Dave Holland und dem Tabla Spieler Zakir Hussein das Crosscurrents Trio. Ich bin etwas erleichtert, dass ich vor dem Konzert noch mit einem der Musiker sprechen kann, denn die Musik, die hier heute gespielt werden soll, braucht ein wenig Erklärung vorweg: das Trio verbindet nämlich Jazz mit klassischer indischer Musik.

Das mag erstmal ganz schön exotisch klingen, das habe ich mir auch gedacht, als ich zum ersten Mal vom Crosscurrents Trio gehört habe. Wenn man sich dann aber die Musik des Trios anhört, merkt man, dass die grundverschiedenen Musikstile, ja eigentlich Musiktraditionen ziemlich gut miteinander harmonieren.

Das liegt daran, dass Zakir Hussein mit der Tabla ein Rhythmusinstrument spielt und Rhythmus sowohl im Jazz als auch in der klassischen indischen Musik wahnsinnig wichtig ist. Für alle die es nicht wissen: die Tabla ist ein indisches Schlaginstrument und besteht quasi aus einer Kombination verschiedener Trommeln.

Aber nicht nur der Rhythmus kann die beiden Musikstile verbinden, wie mir der Saxophonist Chris Potter erklärt.

Im Konzert etwas später am Abend wird sich eine komplett neue musikalische Welt für das Publikum eröffnen. Wer eben noch eine Bratwurst gegessen und dazu ein Bier getrunken hat, wird jetzt in die Schnittstelle aus Jazz und indischer Musik gezogen. Die Musik klingt vertraut und doch fremd, denn neben den Rhythmen bringen auch die Harmonien etwas exotisches mit in die Musik.

Es sind trotzdem die Rhythmen, die für die Zuhörer:innen am wenigsten greifbar sind und das nichtmal, weil sie exotisch klingen, sondern weil sie so unglaublich komplex sind. So komplex. dass sie für normalsterbliche Zuhörer:innen kaum zu entschlüsseln sind.

Zakir Hussein wechselt immer wieder zwischen ungeraden Taktarten hin und her, teilweise formt er aus den Rhythmen sogar eine Melodie. Wenn man dann die Tabla unisono mit der Saxophon Melodie von Chris Potter hört, merkt man dass hier gerade etwas Besonderes passiert.

Die meiste Zeit aber improvisieren die Musiker, so wie es im Jazz und in der klassischen indischen Musik üblich ist. Die Musik ist wahnsinnig intim, so intim dass manche Leute im Publikum sicherlich denken, sie würden in einem kleinen Jazzclub quasi mit auf der Bühne sitzen. Mit der Improvisation geben Dave Holland, Zakir Hussein und Chris Potter dem Publikum Einblicke in ihren persönlichen Stil. Hier verschmelzen die beiden verschiedenen Welten in der Musik, jeder Musiker lädt die Zuhörer:innen in seine eigene Welt ein. Zu diesen Welten gehören aber natürlich auch die Einflüsse der anderen Musiker, so wird die Musik unglaublich abwechslungsreich, bei dieser Musik wäre es nichtmal pathetisch zu sagen, dass sie wirklich einzigartig ist.

 

Durch diese Welten zu navigieren erfordert natürlich viel Kommunikation zwischen den Musikern, was wahrscheinlich das Beeindruckendste am ganzen Konzert ist. Bis in die letzte Reihe der großen Konzerthalle sieht man jeden einzelnen Blickkontakt der Musiker, jedes Nicken, das den Rhythmus vorgibt. Was man auch immer wieder sieht: ein Lächeln der Musiker oder die pure Überraschung, was hier gerade für ein Rhythmus gespielt wird.

He's splitting the atom every night musically– Chris Potter

Ganz zum Schluss des Konzerts werden alle Welten, die Chris Potter, Dave Holland und Zakir Hussein an dem Abend präsentiert haben noch einmal vereint. Im letzten Songs, „Good Hope“ spielen alle Instrumente für einen kurzen Abschnitt zusammen die Melodie. Die Zuhörerinnen und Zuhörer werden hier nochmal von der vereinten Kraft der Musik gepackt, bevor sie voller neuer Eindrücke aus dem Schmelztiegel wieder in den gewohnten Biergarten strömen.

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