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"A Hollywood Kind Of Ending"

Marina & The Kats beim Zeltival Karlsruhe

© Tim Cavadini / Marina & The Kats | Pressefoto

Von Tabita Prochnau am veröffentlicht.

Einen gemütlichen Biergarten mit Lichterketten und grüner Botanik. Dazu einen Container mit Zelt-Vordach als Open-Air-Bühne. Und fertig ist das Zeltival. Mehr braucht das Sommerfestival im Tollhaus Karlsruhe auch nicht, um den ganzen Sommer hindurch hunderte Besucherinnen und Besucher anzulocken. Fehlt nur noch die Musik. Und die kommt an einem lauschigen Juliabend von Marina & The Kats, einer Indie-Swing-Band aus Wien.

Mit der vierköpfigen Gruppe geht es zurück in die Zukunft: Swing der 30er- und 40er-Jahre geht Hand in Hand mit Indie-Pop der Gegenwart. Bei Marina & The Kats gibt es keinen Kontrabass, kein Klavier und keine Bläser. Dafür aber Jazz-Gesang (Marina Zettl), Gitarre (Thomas Mauerhofer) und E-Bass (Peter Schönbauer). Und obendrein noch ein dreiteiliges Schlagzeug. Harald „Hari“ Baumgartner ist zwar der hauptsächliche Drummer, Snare spielt aber Marina und Bass-Drum Peter. Alle drei männlichen Band-Mitglieder singen zudem auch noch Backing Vocals. Also die volle Auslastung für jeden. Kein Wunder, dass Marina gleich zu Beginn des Konzerts lobt: „Meine Jungs singen, als ob sie 20 Männer wären“. Das passt auch zum Bandnamen, denn hinter Marina & The Kats steckt keine Katzenmama:

Das erzählt Frontfrau Marina nach dem Konzert im Interview. Als sie sich mit Swing-Musik zunehmend beschäftigt habt, machte sie folgende tierische Entdeckung: Kats – damit sind also talentierte Musiker gemeint, die vor allem tanzbare Musik spielen. Die Tanzbarkeit ist für Marina & The Kats auch am wichtigsten. Eigentlich schreibt die Band all ihre Songs selbst. Doch gleich zu Beginn des Konzerts covern sie den Jazz-Standard „And Her Tears Flowed Like Wine“ (1944) von Stan Kenton mit Sängerin Anita O’Day. Ein Song über häusliche Gewalt, der trotz des ernsten Textes zur Tanzmucke der 40er gehört: dem Swing.

© Winfried Reinhardt / Tollhaus Karlsruhe

Auch in ihren eigenen Songs schafft es die österreichische Band, ehrliche und bewegende Geschichten zu erzählen. So etwa in „Talk Dirty“, in dem es ums Lästern geht: „you talk dirty behind my back“. Marina & The Kats nehmen dabei auch kein Blatt vor den Mund: „but now I’m gonna break your neck“. Statt einem Trompeten- oder Klarinetten-Solo gibt es hier außerdem eine beeindruckende Scat-Gesangseinlage von Drummer Hari.

Für Gänsehaut sorgt der Spoken-Word-Song„The Truth is Boring“, bei dem Marina nicht singt, sondern spricht. Die schwebenden E-Gitarrenklänge und die repetitive Bassmelodie lassen die Geschichte dramatisch und kraftvoll wirken – wenngleich auch das Lied ironischerweise zum Schmunzeln bringt: Es geht um das Ende einer Beziehung, das für das Lyrische Ich leider zu langweilig ist:
„Is this all I get? The most mundane, predictable breakup in human history?“ Da hätte doch wohl auch ein „Hollywood kind of ending” drin sein können?!

Zwischen den Songs erzählt Marina immer wieder unterhaltsame Anekdoten – und das in ihrem sympathischen österreichischen Dialekt. Beispielsweise hat die Band ein Ritual: nach einer langen Autofahrt zum Auftrittsort, trinken sie erst Mal einen Kaffee. Denn: „Wenn wir aussteigen, sehen wir aus wie Schildkröten aus Wien“. Aus diesem Grund musste früher oder später ein Liebeslied für das heißgeliebte Getränk her: „C O F F E E“. Marinas jazzige Stimme ist hier auf einmal ganz zart und sinnlich, die Musik langsam-schwingend. Bei diesem sympathischen Hoch auf das koffeinhaltige Getränk wird sich Zeit gelassen: das Wort „Coffee“ singt Marina nur buchstabiert.

© Winfried Reinhardt / Tollhaus Karlsruhe

Hier geht's rund: auf der Tanzfläche zeigen Paare ihre Swing-Kenntnisse

Mit ihrer Musik bringen Marina & The Kats das Publikum zum Tanzen. Dazu ruft Marina auch immer wieder ganz offen auf. Tatsächlich beginnen ein paar Paare, Swing zu tanzen. Spätestens als die Band „Pressure“ von ihrem neuesten Album „Different“ (2021) spielen, reißen Marina & The Kats das ganze Publikum mit sich. Auf die swing-vollen Strophen folgt ein kraftvoll-popiger Refrain. Genauso stark geht es beim nächsten Song „Ponder“ weiter. Auch hier zeigt sich die perfekte Symbiose aus altem Swing und modernen Sounds. So kann auch Gitarrist Thomas in rockigen, außerordentlichen Soli seine Fingerfertigkeit zur Schau stellen. 

Im Song „Different“, dem Albumtitel, beweist die Band ihre Multitasking-Fähigkeit: sie Singen, Spielen und Schwingen (Tanzen) zu den Swing-Takten gleichzeitig. Ebenso in dem Break-Up-Song „Goodbye“. Bei „Speak Softly“ erzeugen Marina & The Kats mit Clapping-Percussions einen eingängigen Song. Und immer wieder wird es durch Marinas souliger und ausdrucksstarker Stimme auch gefühlvoll, wie etwa in „3’s a Crowd“. Insgesamt machen die Songs aus dem Album „Different“ einen großen Teil des Konzerts aus. Ergänzt werden diese aber durch viele ältere Songs der Band.

„Vielen lieben Dank“, sagt Marina am Ende abends – natürlich wieder mit dem sympathischen österreichischen Dialekt. Und auch das Publikum zeigt sich dankbar: für eine doppelte Zugabe kommt die Band nochmal auf die Open-Air-Bühne. Zuerst spielen sie ihre neueste Single „Pretty Close“ (2022) und danach geht’s nochmal so richtig ab: beim letzten Song verlässt Marina die Bühne und mischt sich unter die tanzende Menge. Sie interagiert mit dem Publikum, tanzt mit den Zuhörenden und letztlich steigt sie sogar auf einen Stuhl. Ein glorreicher Abschluss für ein gelungenes Konzert. Oder: „a Hollywood kind of ending“.

© Winfried Reinhardt / Tollhaus Karlsruhe

Charisma pur: Frontfrau Marina zeigt sich an diesem Abend besonders nahbar

 

 

 

 

 

 


Info: Marina & The Kats sind noch den gesamten August auf Tour. Den Tourplan durch Österreich, Deutschland, der Schweiz bis hin nach Italien und Bulgarien gibt es hier.

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